Montag, 24. Juni 2024

Was ist der Unterschied von Digital Commerce zu E-Commerce?

Ja, wenn die IT- und Digitalisierungsbranche etwas wirklich gut kann, dann ist es, neue Begrifflichkeiten zu erfinden. Innerhalb der letzten dreissig Jahre wandelte sich z.B. EDV zu IT, wurde zu E-Business und mündete schliesslich in der allumfassenden Digitalisierung. Bei der strategischen Positionierung der bambit ag ist mir 2022 ein neuer Begriff begegnet: Digital Commerce. Anfangs war ich skeptisch, doch über die Jahre hat sich mein Bild zu diesem Begriff deutlich gefestigt. In diesem Blogbeitrag möchte ich meine Einschätzung mit euch teilen.

Wie definiert sich E-Commerce?

E-Commerce, kurz für elektronischer Handel, ist ein Begriff, der in den frühen 90er Jahren populär wurde. Heute verstehen wir unter E-Commerce vor allem den Kauf und Verkauf von Produkten und Dienstleistungen über das Internet. Dies umfasst eine Vielzahl von Aktivitäten. Zum Beispiel: Das Suchen und Auswählen von Produkten in Online-Katalogen, das Hinzufügen von Artikeln zum Warenkorb und die Abwicklung von Zahlungen über digitale Schnittstellen.

E-Commerce hat sich seit seinen Anfängen stark weiterentwickelt und umfasst nun verschiedene Modelle wie

  • B2C (Business to Consumer)
  • B2B (Business to Business)
  • C2C (Consumer to Consumer)
  • B2B2C (Business to Business to Consumer).
  • usw.

Jedes dieser Modelle nutzt das Internet, um Kosten zu senken, die Reichweite zu erhöhen und die Effizienz zu verbessern.

Während E-Commerce ursprünglich als eine Erweiterung des physischen Handels betrachtet wurde, ist er heute ein integraler Bestandteil der Geschäftsstrategien vieler Unternehmen. Technologien wie mobiles Shopping, elektronischer Geldtransfer und Online-Marketing sind nur einige Beispiele, die den E-Commerce prägen. Dabei geht es nicht nur um den reinen Verkauf, sondern auch um das Kundenerlebnis und die Kundenbindung, die durch digitale Interaktionen gefördert werden.

Wie definiert sich Digital Commerce?

In meinem Verständnis geht Digital Commerce über den traditionellen E-Commerce hinaus. Im Zentrum von Digital Commerce steht die Transformation des Kundenerlebnisses durch eine kanalübergreifende Customer Journey, die alle Berührungspunkte umfasst – von sozialen Medien und mobilen Apps bis hin zu physischen Geschäften und Kundendienst. Jede Interaktion wird dabei genutzt, um ein durchgängiges und zufriedenstellendes Einkaufserlebnis zu schaffen.

Darüber hinaus erfordert Digital Commerce eine komplette Neugestaltung der Geschäftsprozesse, um die dynamische Interaktion und die Bereitstellung von Dienstleistungen in Echtzeit zu unterstützen. Dies führt zu einer tiefgreifenden Transformation, bei der digitale und physische Elemente nahtlos miteinander verschmelzen.

Um dies technologisch zu ermöglichen, steht eine tiefergehende Integration fortschrittlicher IT-Systeme wie Produktinformationsmanagement-Systeme (PIM), ERP-Systeme und Customer Relationship Management (CRM)-Systeme im Vordergrund. Diese Technologien sind entscheidend für die Verwaltung und nahtlose Integration von Daten über verschiedene Kanäle hinweg, wodurch Unternehmen in der Lage sind, Echtzeitinformationen effektiv zu nutzen. Ebenso werden intelligente Middlware-Lösungen wichtiger, um schnell neue Daten und Systeme in Prozessketten zu integrieren.

Digital Commerce erweitert nicht nur den Online-Kauf und -Verkauf, sondern schliesst auch die Analyse von Kundenverhalten, personalisierte Marketingstrategien und eine enge Verzahnung von Online- und Offline-Kundenerfahrungen ein. Er repräsentiert eine dynamische, datengetriebene und kundenorientierte Strategie, die weit über traditionellen E-Commerce hinausgeht.

Aber ist Digital Commerce somit nicht einfach Multi-Channel E-Commerce?

Ja, das dachte ich zuerst auch. Durch nähere Betrachtung bin ich für mich aber zu folgendem Schluss gekommen. Während Multi-Channel Commerce das Angebot von Produkten und Dienstleistungen über mehrere unabhängige Kanäle beschreibt, geht Digital Commerce einen Schritt weiter. Im Multi-Channel Commerce operieren die Kanäle oft isoliert voneinander, was zu einem fragmentierten Kundenerlebnis führen kann. Kunden müssen sich beispielsweise zwischen dem Online-Shop, einem mobilen App-Angebot oder einem physischen Laden entscheiden, ohne dass diese Erfahrungen miteinander verbunden sind.

Digital Commerce hingegen strebt eine wohl eher eine vollständige Integration und Koordination aller Kanäle an. Dies bedeutet, dass alle Kundenerfahrungen - unabhängig davon, über welchen Kanal sie erfolgen - nahtlos miteinander verknüpft sind. Kunden können somit ihre Transaktion in einem Kanal beginnen, sie in einem anderen fortsetzen und abschliessen, ohne jegliche Unterbrechung oder Informationsverlust. Diese nahtlose Integration sorgt für ein kohärentes Einkaufserlebnis und eine stärkere Kundenbindung, da der Übergang zwischen den Kanälen reibungslos ist.

Darüber hinaus ermöglicht Digital Commerce durch die Nutzung von fortschrittlichen Datenanalysetools eine tiefere Einsicht in das Kundenverhalten über alle Kanäle hinweg. Dies führt zu besseren Vorhersagen, personalisierten Angeboten und letztendlich zu einer optimierten Kundenerfahrung, die im Multi-Channel Commerce so nicht möglich ist.

Und wie sehen die anderen das?

Beim Recherchieren habe ich festgestellt, dass die Wahrnehmung und Definition von Digital Commerce variieren.

  • Stimmen wie Professor Dr. Christian Stummeyer betonen die Bedeutung von Digital Commerce als eine umfassende, elektronische Geschäftsabwicklung, die alle Aspekte des E-Business integriert. Laut Stummeyer schliesst Digital Commerce nicht nur den Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen ein, sondern auch fortgeschrittene Geschäftsprozesse wie Werbung und After-Sales-Services. (hier gehts zum Blog-Beitrag)
  • Adesso hebt hervor, dass Digital Commerce die traditionellen Grenzen des E-Commerce sprengt und eine nahtlose Verknüpfung von online und offline Erlebnissen bietet. (hier geht's zum Blog-Beitrag)
  • Die Schweizerische Post nutzt den Begriff Digital Commerce aktiv in ihrer Vermarktung, was die Wichtigkeit der Integration von digitalen und physischen Dienstleistungen im modernen Handel unterstreicht. Dieser Ansatz spiegelt den Trend wider, dass Unternehmen nicht nur Produkte, sondern ganzheitliche Lösungen und Kundenerlebnisse anbieten.
  • Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat ihre Weiterbildungsangebote im Bereich E-Commerce aktualisiert und bietet nun ein Certificate of Advanced Studies (CAS) in Digital Commerce an. Dieser Kurs fokussiert sich auf die Vermittlung von Fähigkeiten, die notwendig sind, um digitale Verkaufsplattformen zu entwickeln und zu optimieren, und zeigt die wachsende Bedeutung von AI in diesem Bereich. (hier geht's zum CAS)

Diese vielfältigen Sichtweisen verdeutlichen, dass Digital Commerce als ein dynamisches Feld betrachtet wird.

Mein persönliches Fazit

Digital Commerce repräsentiert eine evolutionäre Entwicklung im Bereich des E-Commerce, indem er die Grenzen zwischen online und offline vollständig auflöst und eine holistische, kundenorientierte Handelsstrategie fördert. Die Integration von fortschrittlichen IT-Systemen und die Schaffung einer nahtlosen, kanalübergreifenden Customer Journey sind dabei zentral. 

Mit dem zunehmenden Einsatz von AI und anderen Technologien wird Digital Commerce weiterhin die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Kunden interagieren und Transaktionen abwickeln, verändern. Für Unternehmen bedeutet dies nicht nur die Implementierung neuer Technologien, sondern auch die Übernahme einer neuen Denkweise, die den Kunden in den Mittelpunkt aller Geschäftsaktivitäten stellt.

Autor

Reto Gurtner

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