Wie gut ist nopCommerce 3.9 für B2B E-Commerce?
Online-Shopsysteme gibt es einige. Deren Unterschiede punkto Funktionsumfang, Lizenzkosten, Verbreitung, Technologie etc. sind jedoch massiv. Ein interessantes Online-Shopsystem ist nopCommerce. Dabei handelt es sich um ein Open Source Framework das auf Microsoft .NET / C# basiert. Gerade dieser Mix macht nopCommerce speziell:
Mit mehreren 1'000 Installationen weltweit ist nopCommerce langsam ein ernst zu nehmender Player. Eine Auflistung von ein paar Showcases gibt es auf der offiziellen Website: http://www.nopcommerce.com/showcaseliveshops.aspxBeim Durchstöbern fällt jedoch auf, dass die hier gelisteten ShowCases grösstenteils B2C Online Shops sind.
Wir von bambit wollten es wissen und gingen darum der Frage auf den Grund, wie weit man gängige B2B Szenarien mittels nopCommerce 3.9 abdecken kann, ohne dass man Erweiterungen oder Veränderungen an nopCommerce vornehmen muss.
Unterschiede zwischen B2C und B2B E-Commerce
Die Bedeutung von E-Commerce steigt immer noch ungebremst. Ein grosser Anteil des Wachstums wird nach wie vor B2C (Business to Consumer) erzeugt: Online-Handel zwischen Unternehmen und Endkunden.
Im KMU Land Schweiz (Zahlen und Fakten) gewinnt zusätzlich E-Commerce zwischen Unternehmen stetig an Bedeutung. Im "E-Commerce Slang" spricht man hier von B2B (Business to Business). B2B unterscheidet sich dahin gehend von B2C, dass der Handel zwischen zwei Unternehmen stattfindet.
Wir stellen in unseren Kundengesprächen immer wieder fest, dass sich die Anforderungen an einen Onlineshop zwischen B2C und B2B immer mehr annähern. Die User Experience und Kundenerlebnisse, die man aus dem Privatleben kennt, gilt es in die Geschäftswelt zu transferieren. Auch Funktionalitäten, wie zum Beispiel: Produktsuche, Bonusprogramme (Loyality), Couponing, Payment gleichen sich immer stärker an.
Nichtsdestotrotz gibt es aber rund um B2B oftmals Anforderungen, die man B2C (noch?) nicht so oft braucht. Dies betrifft in der Regel folgende Bereiche:Kundenspezifische Preise"Pricing ist Glücksache". Auch B2C gibt es verschiedene Faktoren, die einen Preis für ein Produkt beeinflussen können. Im B2B Kontext geht das allerdings noch viel weiter: Preise können so stark individualisiert sein, dass sie ein Resultat von ausgiebigen Verhandlungsrunden zwischen den beiden Unternehmen sind. Dementsprechend muss ein B2B Onlineshop dies berücksichtigen können, dass im Extremfall jeder Kunde seine eigene Preisliste erhält.Kundenspezifische Produktkataloge Für einen Kunden nur ein eingeschränktes Produktsortiment zeigen oder spezielle Produkte nur einer Auswahl von Kundengruppen zur Verfügung stellen? In B2B oftmals ein gewichtiges Thema.Offener Warenkorb / GruppenwarenkorbIm Unterschied zu B2C, gibt es in B2B oftmals nicht nur einen Käufer. Mehrere Kundenvertreter wollen gemeinsam einen Warenkorb befüllen, um anschliessend eine Bestellung zu betätigen. Eine Anforderung die im B2C bis heute weniger verbreitet ist.Komplexe KundenstrukturenB2C gilt meistens 1 Login = 1 Kunde. In B2B ist das anders. Ein Unternehmen verfügt oftmals über mehrere Vertreter die auf einem Onlineshop bestellen worden. Alle natürlich im Namen und unter Verrechnung desselben Unternehmens. Das ist allerdings noch die einfachste Ausprägung: Abbilden von Hierarchien, Abteilungen, Zweigstellen. Vergeben von Berechtigungen und Budgets etc. sind besonders dann gefragt, wenn der Kunde ein Unternehmen mit entsprechender Grösse ist.
Kundenspezifische Preise in nopCommerce abbilden
Nehmen wir an wir hätten drei verschiedene Kundengruppen:
- Normaler Kunde
- B-Kunde
- A-Kunde
Der Artikel "Kleinstbohrer 86405" soll für die verschiedenen Kundengruppen einen unterschiedlichen Preis haben:
Kundengruppe | Preis |
---|---|
Normaler Kunde | 6.00 CHF |
B-Kunde | 5.60 CHF |
A-Kunde | 5.10 CHF |
Um diese Anforderung zu erfüllen gibt es zwei Ansätze:
Variante 1 - Via Preisstaffelungen
In nopCommerce können Preisstaffelungen an spezifische "Benutzerrollen" gebunden werden. Ein Ansatz ist somit auf dem Produkt jeweils eine Staffelung pro Kundengruppe zu hinterlegen.
Schritt 1: Kundengruppen erfassen
In einem ersten Schritt geht es darum die Kundenrollen (Customer Roles) für B-Kunde und A-Kunde zu erfassen. Diese Maske findet man unter "Benutzer>Benutzerrollen" resp. "Customer>Customer Roles" .
Schritt 2: Preis auf Produkt pro Kundenrolle festlegen
Für die Kundengruppe Normaler Kunde verwenden wir der normale Preis. Für die anderen Kundengruppen erfassen wir jeweils eine Staffelung.
Variante 2 - Via Rabatte
Der Weg via Rabatte funktioniert primär dort, wo einer Kundengruppe ein genereller Rabatt zugestanden wird. Z.B: In der Kundengruppe B hat man generell 5 CHF oder 4% Rabatt.
In diesem Ansatz wird ein neues Rabattschema erstellt:
Durch Zuordnung von Produkten und Voraussetzungen kann erreicht werden, dass der Rabatt auf Kundengruppen (z.B. Kunde-B) und Produkt eingeschränkt werden kann.
Wird konsequent auf den Ansatz mit dem Rabattschema gesetzt, bedeutet dies im Extremfall aber, dass für jede "Kundengruppe und Produkt" Kombination ein eigenständiges Rabattschema erstellt werden muss. Ob dieser Ansatz etwas taugt, ist stark abhängig von der Anzahl Produkte und der anzahl Rabatte, die abgebildet werden müssen.
Kundenspezifische Produktkataloge in nopCommerce abbilden
Kundenspezifische Produktsortimente können verschiedene Ausprägungen haben:
- Ausprägung 1: Artikel soll erst sichtbar werden, wenn sich ein Benutzer einloggt (z.B. Artikel die nur für Kunden der Kundengruppe A-Kunde bestellbar sind)
- Ausprägung 2: Kategorie soll erst sichtbar werden, wenn sich ein Benutzer einloggt (z.B. alle Artikel der Kategorie "Outlet" sollen erst sichtbar werden, wenn sich ein Benutzer der Kundengruppe B-Kunde anmeldet)
- Ausprägung 3: Artikel sollen verschwinden, wenn sich ein Benutzer einloggt (z.B. Kunde der Kundengruppe B-Kunden dürfen den Bohrer 84810 nicht bestellen)
Artikel auf Kundengruppen beschränken
Die Ausprägung 1 lässt sich sehr einfach bewerkstelligen: Auf einem konkreten Artikel können die zugelassenen Benutzerrollen hinterlegt werden.
Kategorie auf Kundengruppen beschränken
Die Ausprägung 2 lässt sich sehr einfach bewerkstelligen. Auf einer konkreten Kategorie können die zugelassenen Benutzerrollen hinterlegt werden.
Artikel für Kundengruppen ausblenden
Wir haben leider keinen Weg gefunden wie man Ausprägung 3 bewerkstelligen könnte. Artikel, die für alle verfügbar sind auszublenden, wenn sich ein Benutzer einloggt, ist Out-of-the-Box so nicht möglich.
Offener Warenkorb / Gruppenwarenkorb in nopCommerce abbilden
nopCommerce kennt im eigenen Datenmodell keine eigenständige Entität Warenkorb. Wenn ein Benutzer ein Produkt in seinen Warenkorb legt, so wird direkt eine Beziehung zwischen dem Benutzer und dem Produkt in der Datenbank abgelegt (Tabelle ShoppingCartItem). Dieser Umstand führt dazu, dass ein Benutzer in nopCommerce generell nur ein Warenkorb und eine Wunschliste führen kann. Ein offener Warenkorb resp. ein Gruppenwarenkorb zur Verfügung zu stellen ist dadurch nicht ohne Erweiterungen von nopCommerce machbar.
Komplexe Kundenstrukturen in nopcommerce abbilden
Im Datenmodell von nopCommerce verfügt ein Kunde über verschiedene beschreibende Attribute (z.B. Name, Vorname und Firma), sowie 1 bis N Adressen.
Um komplexe Kundenstrukturen abbilden zu können, würde es mehr benötigen als nopCommerce aktuell bietet. Beispielsweise wäre es notwendig, dass Benutzer zusammen zu einer Firma gruppiert werden könnte. Da bereits die erste Anforderungsstufe in nopCommerce nicht erfüllt werden kann, sind es natürlich auch unmöglich noch komplexere Kundenstrukturen abzubiden. Um komplexe Kundenstrukturen abzubilden, sind also entsprechende Erweiterungen von nopCommerce notwendig. Ein möglicher Ansatz hierzu wäre beispielsweise, dass die Kunden-Entitäten mit verschiedenen Tags versehen werden könnten.
Fazit
Ist nopCommerce 3.9 darum das falsche Produkt für B2B E-Commerce?Der Versuch eine Pauschalantwort auf diese Frage zu finden ist sicherlich der falsche Ansatz. Wir sind der Meinung, dass es stark auf die konkreten B2B E-Commerce Anforderungen ankommt.nopCommerce trumpft sicher dahin gehend, dass man führ sehr wenig Geld (kostenlos) bereits eine Vielzahl an E-Commerce Funktionalitäten einfach so erhält. Andere Systeme verfügen oftmals über hohe Lizenzkosten. Steckt man ein Teil der Einsparnisse in allfällige eigene Erweiterungen von nopCommerce, kann dies im Endeffekt in ein zielgerichteteres und kosteneffizienteres Verfahren münden. Dies gilt es aber von Fall zu Fall fundiert zu beurteilen.
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