Die 5 wichtigsten Unterschiede von B2B E-Commerce gegenüber B2C
Wie viele Leute aus deinem Umfeld kennst du, die noch nie etwas Online eingekauft haben? E-Commerce ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Vom kleinen Händler (z.B. der kleine Optiker aus deiner Stadt) bis zu den ganz grossen Playern (z.B. LANDI, Migros, Digitec) mischen alle heute irgendwo im B2C E-Commerce mit. B2C bedeutet, dass der Handel direkt zwischen dem Unternehmen (Business) und Endverbraucher (Consumer) stattfindet.
Für B2B E-Commerce gelten jedoch andere Voraussetzungen, als für reine B2C Händler. Wir beobachten in letzter Zeit häufig, dass Unternehmen den Einstieg in B2B E-Commerce, mit einem typischen B2C E-Commerce Online-Shopsystem versuchen, dabei die Umsetzungskosten explodieren und der grosse Erfolg nach der Einführung leider ausbleibt.
Ein B2C Webshop-Software muss heute gewisse Funktionen einfach anbieten, damit sie überhaupt ernst genommen wird. Das sind zum Beispiel Filtermöglichkeiten im Katalog, Produktvergleiche, mehrere Produktbilder, Responsive Design, Warenkorb, unterschiedliche Bezahlungsmittel etc.
Diese Standardisierung hat auch dazu geführt, dass sich die heute verfügbaren B2C E-Commerce Systeme immer mehr gleichen. Egal ob Shopify, wooCommerce, Magento oder nopCommerce: Auf den ersten Blick sehen sie alle ähnlich aus. Solange man so ein Shop-System vorgefertigt benutzt, kommt man auch schnell vorwärts. Aus Erfahrung bieten diese Online-Shopsysteme Out-Of-The-Box meistens jedoch nur eine halbwegs zufriedenstellende Lösung für die Realisierung der eigenen E-Commerce Vision. Schnell gelangt man an einen Punkt, an dem es spezifische Erweiterungen braucht. Z.B. Eigene Design-Wünsche umsetzen, Anbindung an das eigene POS-System, Publizieren der eigenen Produkte auf Amazon usw.
Verwendet man so ein System auch noch für B2B E-Commerce Lösungen, dann können die Aufwände explodieren. Aber woran liegt das? Im Rahmen von diesem Blogartikel gehen wir den Unterschieden zu B2B E-Commerce auf den Grund.
B2B: Eine etwas andere Art von Kundenbeziehung
Kundenbeziehungen zwischen Unternehmen sind anders als Kundenbeziehungen zwischen Unternehmen und Endverbraucher (Privatperson). Ein Unternehmen das B2B Handel betreibt konzentriert sich oftmals auf einen auserwählten, kleineren Kundenstamm. Dieser Kundenstamm wird mit intensiver und langer Akquisearbeit über Jahre aufgebaut. Zudem setzt ein Unternehmen viel daran, seine aufgebauten Kundenbeziehungen langfristig zu gestalten. Das liegt nicht zuletzt auch an den Marktgrössen, die B2B Händler avisieren können. Als Beispiel hat ein Händler für spezielle Bohrer im Medizinbereich einen viel kleineren Markt an Abnehmer als ein Modehändler der Herrenschuhe verkauft.
Die Langfristigkeit der Kundenbeziehung ist B2B allerdings gegenseitig. Wenn ein Unternehmen mit einem Lieferanten grundsätzlich zufrieden ist, sind die Anreize sich nach Altarnativen umzusehen tief. Die Evaluation von einem neuen Lieferanten ist zeitintensiv und erfordert auf verschiedenen Ebenen Investitionen, damit eine echte Partnerschaft daraus entstehen kann. B2C ist das ganz anders: Wenn ein Schuh der Marke XYZ bei einem anderen Onlineshop günstiger bezogen werden kann, werden die meisten Käufer beim günstigeren kaufen.
Diese Eigenschaft widerspiegelt sich auch bei dem Bau von B2B E-Commerce Lösungen. Wie genau? Das erfährst du in den nächsten Abschnitten.
Unterschied 1: Die Art einzukaufen
Privates Onlineshopping ist ein freudiges und emotionales Erlebnis:
- Am Abend vor dem Fernseher mit dem Tablet schnell ein neues Sommerkleid bestellen, das gerade im Werbespot über den Bildschirm geflimmert ist.
- Im Pendlerverkehr sich auf dem Smartphone über die trendigen Fidget Spinners informieren und mit 3 Klicks bestellen.
- An einem verregneten Sonntagnachmittag auf den Vergleichsportalen die beste Digitalkamera heraussuchen und dann bestellen.
Online einkaufen ist ein Vergnügen. Wie sieht das B2B aus?
- Nachschub an Druckerpapier organisieren.
- 500 Schrauben für die Montageabteilung bestellen.
- Visitenkarten für die neuen Mitarbeiter ordern.
Alles Aufgaben, die erledigt werden müssen, aber nicht unbedingt mit gleichen Emotionen in Verbindung gebracht werden, wie Online eine neue Brille an seinem Passfoto anzuprobieren.
Anforderungen an Effizienz in einem B2B Onlineshop
Arbeiten, die erledigt werden müssen, müssen vor allem eines: Schnell gehen. Daher ist gerade in B2B Onlineshops das Augenmerk auf entsprechende Funktionen zu richten. Das kann sein:
- Vorgefertigte Suchresultate anhand meinen bereits gekauften Produkten
- Merklisten um wiederkehrende Bestellungen schnell aufgeben zu können
- Formulare für Schnellbestellung. Zum Beispiel Artikelnummer und gewünschte Anzahl eingegeben, Enter klicken und Zack ist der Warenkorb gefüllt.
Unterschied 2: Angepasste Produktkataloge
B2C Onlineshops haben in aller Regel einen Produktkatalog, der für alle Kunden gilt. B2B sieht die Geschichte etwas anders aus. Sehr oft tritt die Anforderung auf, dass man den Produktkatalog für Kundengruppen adaptieren will. Zum Beispiel: Die Handtasche in Königsblau soll nur Kunden der Kundengruppe A zur Verfügung stehen. Die gleiche Handtasche in Rot und Gelb nur für Kunden, die einen gewissen Freischaltcode erhalten haben. Die Individualisierungswünsche der Produktkataloge können so weit gehen, dass der Produktkatalog spezifisch für einen Kunden zugeschnitten wird.
Anforderungen an einen Produktkatalog in B2B Onlineshops
Ein B2B Onlineshop muss also über Möglichkeiten verfügen:
- Produkte auf Kundengruppen, Kundenkontos oder anderweitig einschränken
- Mehrere, unabhängige Produktkataloge führen
Unterschied 3: Individuelle Preise
Ähnlich wie mit dem Produktkatalog verhält es sich mit den Preisen.
Als Konsequenz bedeutet dies, dass Kunde A und Kunde B für das gleiche Produkt unterschiedliche Preise haben können.
Auch das Thema von Rabatten darf B2B nicht vernachlässigt werden und kennt noch mehr Ausprägungen als B2C. Beispielsweise sind Preisstaffelungen eine alltägliche Anforderung. Preisstaffelung bedeutet, dass der einzelne Stückpreis sinkt, wenn die Bestellmenge eines Artikels steigt. Als Beispiel:
Anzahl | Stückpreis pro Artikel |
---|---|
1 - 5 | 5.60 CHF |
6 - 10 | 5.40 CHF |
11 - 20 | 5.10 CHF |
ab 21 | 4.80 CHF |
Nebst den Preisstaffelungen gibt es natürlich noch weitere Rabattarten die gebraucht werden.
Anforderungen an das Preissystem in einem B2B Onlineshop
Ein B2B Onlineshop System muss also über Funktionen verfügen wie:
- Führen von Staffelpreisen
- Verwalten von kundengruppenspezifischen oder sogar kundenindividuellen Preislisten
- Rabattsysteme wie z.B. Loyality-Programme, Couponing oder Aktionen
- Je nach Anforderung müssen auch verschiedene Währungen unterstützt werden
Unterschied 4: ein Kunde != eine Person
In B2C Onlineshops gilt meistens ein Kunde = ein Login = eine Person. Für B2B gilt das nicht zwangsweise.
Ergo gibt es für einen Kunden (Unternehmen) oftmals mehrere zugehörige Logins (Personen). Je nach grösse des Unternehmens kann es passieren, dass es mehrere Standorte resp. Lieferadressen gibt. Einkaufen für eine bestimmte Kostenstelle? Auch das ist keine Seltenheit.
Beliefert man grössere Konzerne, dann gehen die Anforderungen schnell mal noch etwas weiter: Abbilden von Budgets oder Freigabeprozesse können hier zum Thema werden.
Anforderungen an Kundenstrukturen in einem B2B Onlineshop
- Mehrere Logins und Benutzer für den gleichen Kunden / Unternehmen
- Unterschiedliche Benutzergruppen (z.B. Kundenadministrator und Mitarbeiter)
- Unternehmensweite Adressverwaltung
- Abbilden von Kostenstellen
- Verwaltung von Budgets
- Freigabeprozesse für Einkäufe
Unterschied 5: Integration mit Umsystemen
Gerade die Enterprise und IT-Architekten sind stark daran interessiert, dass sich eine B2B E-Commerce Plattform gut in die bestehende Applikations- und Systemlandschaft integriert. Der IT-Architekt legt dabei typischerweise das Schwergewicht eher auf eine technologische Sichtweise:
- Schnittstellen
- Technologie-Stacks
- Betrieb
- ...
Der Enterprise Architekt ergänzt diese Sichtweise meistens aus einem strategischen und prozessualem Blickwinkel:
- Skalierungsmöglichkeiten
- Integration in bestehende Prozesse und Abläufe
- Unterstützung für die strategischen Ziele
- ...
Je nach E-Business Maturität des Unternehmens kommen da schnell ein paar Systeme zusammen: ERP, CRM-System (Customer Relationship Management), PIM-System (Product Information Management), DAM-System (Digital Asset Management) und eventuell sogar Systeme aus der Produktion. Letztes ist dann der Fall, wenn eine Bestellung direkt einen "On-Demand"-Produktionsprozess auslöst.
Anforderungen an Integrationsansätze in einem B2B Onlineshop
Man ist auch gut beraten, wenn man angeblich bereits vorhandene Standardschnittstellen mit kritischem Auge betrachtet. Schnell wird Werbung gemacht mit "Wir bieten eine Standardschnittstelle für die Anbindung von ERP System ABC an". Will man diese anschliessend verwenden, merkt man oft, dass der vermeintliche Standard doch nicht zu der Art und Weise passt, wie das eigene ERP System aufgesetzt wird.
Zusammengefasste Anforderungen an einen B2B Onlineshop
Die wichtigsten Zusatzanforderungen für einen B2B Onlineshops lassen sich grob so zusammenfassen:
- Ein oder mehrere Produktkataloge, die sich auf Kundengruppen oder einzelne Kunden einschränken lassen
- Effizienzfunktionen, wie zum Beispiel Formulare für Schnellbestellungen, vorgefertigte und verwaltbare Bestelllisten, Zubehör zu gekauften Produkten...
- Auf Kundengruppen oder einzelnen Kunden individualisierbare Preise. Idealerweise eigene Preislisten
- Unterstützung von Staffelpreisen, Rabattsystemen, Couponing
- Abbilden von komplexen Kundenstrukturen (z.B. Kostenstellen, Unternehmensweite Adressverwaltungen, Budgets) und mehrere Logins pro Unternehmensaccount
- Unterstützung von verschiedenen Integrationsszenarien. Konkret: Zur Verfügungstellen von API's, Webservices, EDI etc.